Cannabis auf Rezept: Was Patienten wissen müssen

Medizinische Verwendung von Cannabis
Cannabis auf Rezept

Zuletzt aktualisiert 17. Februar 2023

Menschen, die an schwerwiegenden Erkrankungen leiden, kämpfen oft gegen Schmerzen und Leiden an, die herkömmliche Medikamente nicht lindern können. Doch es gibt eine alternative Behandlungsmethode, die für manche die Lösung sein kann: medizinisches Cannabis. Seit März 2017 ermöglicht das Gesetz "Cannabis als Medizin" in Deutschland, dass unter bestimmten Bedingungen Cannabis-haltige Arzneimittel von den Krankenkassen übernommen werden können. Die Voraussetzungen für die Übernahme sind streng, da es sich um Betäubungsmittel handelt, die ein erhöhtes Abhängigkeitspotenzial aufweisen. Aber für diejenigen, die von der heilenden Wirkung des Cannabis profitieren, kann dies ein wahrer Segen sein. Lesen Sie weiter, um mehr über diese faszinierende und kontroverse Behandlungsmethode zu erfahren.

Der Begriff "Cannabis" stammt vom lateinischen Wort für Hanfpflanze. Diese Pflanze hat eine lange Geschichte als Nutz- und Heilpflanze und ist eines der ältesten bekannten Rauschmittel. Die Pflanze enthält mehr als 60 spezifische Inhaltsstoffe mit pharmakologischer Wirkung, die als Cannabinoide bezeichnet werden. Die Hauptwirkstoffe der Pflanze sind Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD), die je nach Pflanzensorte in unterschiedlichen Konzentrationen vorkommen.

Für medizinische Zwecke werden die getrockneten Blüten der Hanfpflanze und daraus gewonnene Wirkstoffe verwendet. Es gibt auch synthetisch hergestellte Cannabinoide, die nicht natürlichen Ursprungs sind. Obwohl diese Substanzen auf unterschiedliche Weise hergestellt werden, haben sie ähnliche Wirkungen wie das natürliche Cannabis und werden auch medizinisch eingesetzt.

Cannabis als Medikament

Im Zusammenhang mit der Gesundheit werden verschiedene Produkte angeboten, die Cannabis enthalten. Diese lassen sich grundsätzlich in Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel oder Lebensmittel einteilen. In Deutschland gibt es Cannabis-haltige Arzneimittel in Form von Fertigarzneimitteln und Rezepturarzneimitteln, die verschiedenen rechtlichen Regelungen unterliegen.

Fertigarzneimittel werden im Voraus von einem pharmazeutischen Unternehmen hergestellt und sind nur zugelassen, wenn sie eine deutsche oder europäische Arzneimittelzulassung besitzen. Sie sind für die Behandlung von Spastik aufgrund von Multipler Sklerose und Übelkeit sowie Erbrechen während der Chemotherapie bei Krebspatienten zugelassen. Sie kommen in der Regel nur dann zum Einsatz, wenn andere Therapieversuche nicht ausreichend erfolgreich waren oder nicht verfügbar sind.

Rezepturarzneimittel hingegen werden individuell für einen Patienten oder eine Patientin in einer Apotheke hergestellt und umfassen beispielsweise Cannabis-Extrakte, Cannabinoid-haltige Tropfen und Kapseln sowie Cannabisblüten als Pulver. Es gibt keine zugelassenen Anwendungsgebiete für Rezepturarzneimittel.

Anwendungsbereiche

Es gibt verschiedene anerkannte Anwendungsgebiete für Cannabinoid-haltige Arzneimittel, wie die Behandlung von Muskelspastiken bei Multipler Sklerose, die Therapie von Übelkeit und Erbrechen bei Chemotherapie oder Krebserkrankungen, die Behandlung bestimmter Formen von Epilepsie und die Schmerztherapie bei neuropathischen Schmerzen.

Cannabispräparate sind jedoch normalerweise keine erste Wahl und werden nur eingesetzt, wenn andere Therapieoptionen nicht möglich oder nicht erfolgreich sind. Obwohl in vielen weiteren medizinischen Fachgebieten positive Wirkungen von Cannabis diskutiert werden, gibt es für die meisten Anwendungsgebiete bisher keine umfassenden Untersuchungen zum Risiko und Nutzen der Behandlung.

Die Risiken der Therapie, wie Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln, Langzeiteffekte, Nebenwirkungen und Abhängigkeitspotenzial, sind bisher nicht sicher abschätzbar. Die Nebenwirkungen der Rezepturarzneimittel dürften prinzipiell denen zugelassener Cannabis-haltiger Fertigarzneimittel ähnlich sein.

Zahlt die Krankenkasse das medizinische Cannabis?

Unter bestimmten Bedingungen können Ärzte und Ärztinnen Betäubungsmittel auf Cannabis-Basis in verschiedenen Formen wie getrockneten Blüten, Extrakten und Arzneimitteln mit Wirkstoffen wie Dronabinol oder Nabilon verschreiben. Diese Voraussetzungen umfassen eine schwere Krankheit, keine alternative Behandlungsmöglichkeit und eine realistische Aussicht auf positive Wirkung des Medikaments.

Es gibt keine allgemein als schwerwiegend geltenden Erkrankungen oder Diagnosen, sondern es hängt von der lebensbedrohlichen Natur oder der dauerhaften Beeinträchtigung der Lebensqualität ab. Letztendlich liegt es im Ermessen des behandelnden Arztes oder der Ärztin zu entscheiden, ob eine Therapie mit Cannabis geeignet ist. Wenn ein zugelassenes Fertigarzneimittel innerhalb der Anwendungsgebiete verwendet wird, ist keine vorherige Genehmigung durch die Krankenkasse erforderlich.

Wenn ein Patient oder eine Patientin erstmals Cannabis-Arzneimittel verschrieben bekommt, muss die Krankenkasse die Leistung genehmigen, um die Kosten zu übernehmen. Um eine Genehmigung zu erhalten, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: Es muss eine schwerwiegende Erkrankung vorliegen, für die es keine allgemein anerkannte Behandlungsalternative gibt und für die Aussicht auf eine positive Wirkung des Arzneimittels besteht.

Der Patient oder die Patientin muss zudem zustimmen, dass anonymisierte Daten an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte weitergeleitet werden. Die Krankenkasse muss diese Voraussetzungen in jedem Einzelfall prüfen und das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung einholen. Die Krankenkasse hat fünf Wochen Zeit, um über den Antrag zu entscheiden, andernfalls gilt der Antrag als genehmigt und der Patient oder die Patientin hat Anspruch auf Kostenerstattung.

Wenn der Patient oder die Patientin sich das Arzneimittel selbst beschafft hat, kann er oder sie von der Krankenkasse die Erstattung der dadurch entstandenen Kosten verlangen.

Es ist zu beachten, dass Patienten in der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung innerhalb von drei Tagen eine Entscheidung von ihrer Krankenkasse bezüglich der Kostenübernahme von Cannabis-Arzneimitteln erhalten müssen. Diese Versorgung wird für Menschen mit unheilbaren, fortgeschrittenen Erkrankungen mit begrenzter Lebenserwartung angewendet.

In Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die Cannabis-Therapie ablehnen. Nach der Genehmigung ist kein weiterer Antrag notwendig, um die Dosierung anzupassen oder die Sorte der Blüten zu ändern.

Wenn die Krankenkasse die Kosten für Cannabis-Arzneimittel genehmigt hat, kann der Arzt ein Rezept ausstellen. Ausgenommen von Cannabidiol, müssen alle Cannabis-Arzneimittel auf einem Betäubungsmittelrezept verschrieben werden.

Der Arzt kann Cannabis auch dann verschreiben, wenn die Kosten nicht von der Krankenkasse übernommen werden, in diesem Fall muss das Medikament jedoch privat bezahlt werden.

Die Verwendung von Fertigarzneimitteln außerhalb ihrer zugelassenen Anwendungsgebiete wird als Off-Label-Use bezeichnet. Für den Off-Label-Use gibt es besondere rechtliche Regelungen, und ein Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse ist erforderlich.

Verschreibt jeder Arzt Marihuana?

Jeder Arzt und jede Ärztin in Deutschland hat die Möglichkeit, Cannabis-haltige Arzneimittel zu verschreiben, abgesehen von Zahnärzten und Tierärzten. Welcher Arzt oder welche Ärztin für die Behandlung geeignet ist, hängt von der zu behandelnden Erkrankung ab.

Wenn ein Patient oder eine Patientin eine Behandlung mit Cannabis anstrebt, kann es vorkommen, dass der Arzt oder die Ärztin dies ablehnt. Mögliche Gründe dafür sind medizinische Bedenken, mangelndes Wissen, Kosten oder Dokumentationspflichten. Es ist nicht möglich, eine Behandlung mit Cannabis von einem Arzt oder einer Ärztin zu fordern.

Stattdessen können Betroffene mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin alternative Behandlungsmöglichkeiten besprechen oder eine Zweitmeinung einholen. Informationen für Ärzte und Ärztinnen sind auf den Internetseiten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und der Bundesapothekerkammer verfügbar. Eine Selbsthilfegruppe kann eine Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch über das Verordnungsverhalten von Ärzten und Ärztinnen sein.

Ist CBD ein Betäubungsmittel?

Cannabidiol (CBD), ein Inhaltsstoff der Cannabispflanze, unterliegt nicht dem Betäubungsmittelgesetz, da es nicht psychoaktiv ist. Sowohl Fertig- als auch Rezepturarzneimittel mit diesem Wirkstoff sind in Apotheken als verschreibungspflichtige Medikamente auf normalen Rezepten erhältlich.

Derzeit gibt es auf dem Markt ein Fertigarzneimittel, das ausschließlich Cannabidiol enthält. Dieses ist zur oralen Einnahme bei schweren Epilepsieformen zugelassen. Es gibt auch CBD-haltige Rezepturarzneimittel, die von Apothekern und Apothekerinnen individuell hergestellt werden können.

Cannabis als Nahrungsergänzungsmittel

Cannabis-Produkte können auch als Nahrungsergänzungsmittel erworben werden, jedoch unterliegen diese lebensmittelrechtlichen Vorschriften und müssen nicht wie Arzneimittel systematisch auf Nutzen und Nebenwirkungen untersucht werden. Nahrungsergänzungsmittel, die Cannabidiol (CBD) enthalten, sind nicht für die Heilung oder Linderung von Krankheiten vorgesehen und fallen unter das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Diese Produkte sind nicht zugelassen und daher nicht verkehrsfähig, da ein Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels oder eines neuartigen Lebensmittels gestellt werden muss, um die Sicherheit des Erzeugnisses zu belegen.